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Sonntag, 30. Juli 2023

Die Vorhersagbarkeit von Gewittern

Gewitter sind in der Regel äußerst schwer vorherzusagen, da sie sich schnell entwickeln können und oft nur einen geringen Spielraum an Vorlaufzeit für die Ausgabe einer Warnung freilassen. Nicht umsonst vergleicht man das Entstehen von Gewittern mit Popcorn, welches man in der Microwelle zubereitet und nun eine Vorhersage darüber treffen soll, welches Popcorn, denn als nächstes aufpoppt.  In der Wettervorhersage kann man allenfalls noch die Region eingrenzen, in der es Gewitter geben könnte. Und welche Orte oder Landkreise von Gewittern erfasst werden, wo zuvor noch die Sonne von einem makellosen blauen Himmel schien, ist wie der Blick in die Glaskugel. Gewitter lassen sich nicht Stunden im Voraus vorhersagen. Je höher die Energiewerte (CAPE) sind, die für die Konvektion zur Verfügung stehen, desto schneller geht ihre Entwicklung vonstatten. Gewitter können einzeln (Single-Zellen) organisiert (Multi-Zellen) linienhaft (Squall-lines) auftreten, oder zu Superzellen heranwachsen und sich zu einem über mehrere hunderte von Kilometern erstreckenden Mesozyklonalem System (MCS) ausdehnen. Die Anhäufung von mehreren Single-Zellen sind sogenannte Gewittercluster, die nach Beendigung ihrer Blitzaktivität zu Dauerregen (skaligem Regen) führen können.
 
 

Abb.: 1 (Quelle: DWD-Flugwetter lokales Radar EDDS)

Auf den Radarechos sind die stärksten Gewitter mit einem blauen Kreis markiert. Der rote Pfeil zeigt die Zugrichtung der Gewitter an, die in diesem Beispiel mit teils 70 km/h von Südwesten nach Nordosten ziehen. Gewitter können auch isoliert, innerhalb eines größeren Regengebietes hervorgehen, wie hier auch teilweise zu sehen. Die zusammengeballten Punkte in der Farbe Magenta zeigen die Blitztätigkeit. Darin eingebettet erkennt man punktuell dunkelblaue Flecken. Hier fällt im Augenblick sehr starker Regen oder auch Hagel. 

Abb.:2 (Quelle: DWD-Flugwetter lokales Radar EDDS)

Auf der Abbildung 2, hat sich nur ein paar Minuten später eine weitere Zelle nordöstlich des Verkehrslandeplatzes von Mengen im Landkreis Sigmaringen entwickelt (schwarzer Kreis), welche sich innerhalb von 10 Minuten zu einem Cumolonimbus-capillatus entwickelt hat mit Starkregen und evtl. auch Hagel, zu sehen auf Abb. 3, schwarzer Kreis, südöstlich von Ulm.

Unterdessen hat sich zudem eine Gewitterlinie nordwestlich des Pfälzer-Waldes formiert, die von Ludwigshafen bis nach Frankreich reicht. (Abb.2) Etwa 15 Minuten später haben sich der Regen und die Gewitterlinie (Squall-line) verstärkt. (Abb.3).

Abb.:3 (Quelle: DWD-Flugwetter lokales Radar EDDS)

Eine markante Zelle (roter Kreis) sieht man am westlichen Ufer des Bodensees, mit sehr starkem Regen oder Hagel, welche sich ebenso innerhalb kürzester Zeit verstärkt hat. Hier stellt sich die Frage, wohin zieht diese Zelle? Breitet sie sich Richtung Friedrichshafen aus oder zieht diese Zelle, wie alle anderen auch weiter nach Nordosten und damit Richtung Ravensburg? Nach ein paar weiteren Minuten war klar, dass beide Varianten eingetroffen waren. Die Zelle hat sich weiter nordöstlich bewegt und deutlich an Geschwindigkeit zugenommen, was dazu führte, dass die Zelle zwischen Pfullendorf und Stockach an der Wolkenbasis zu rotieren begann. Die Rotation ist vom Dopplerradar erfasst worden. (Abb. 4 Grafik: Kachelmannwetter.com – Stormtracking) 

Die Rotation der Zelle wird mit zwei roten Pfeilen innerhalb des Kreises gekennzeichnet. Östlich von Radolfzell ist ebenso eine stärkere Zelle zu sehen, die weiter Richtung Meersburg gezogen ist und somit als sog. „Versorgungszelle“ dient. Diese hat sich auf dem weiteren Weg nach Osten nochmals verstärkt. Und wenn man sich nun das nächste Bild ansieht Abb. 5, dann fällt einem am südlichen Ende der Zelle eine hakenförmige Struktur des Niederschlagechos (dunkelrot) ins Auge (Hook-Echo). Solche hakenartigen Gebilde sind immer verdächtig und könnten ein Hinweis für die Entwicklung eines Tornados sein. Rotation wurde bereits beobachtet. 

(Quelle: DWD-Flugwetter lokales Radar EDDS)

 

Wie komplex Gewitter sein können, soll die nachfolgende Grafik zeigen: Aus einer Single Zelle entsteht innerhalb von 15 Minuten eine Multizelle, eventuell bis hin zur Superzelle (1-5). Die farbliche Abstufung soll die Niederschlagsstärke illustrieren, von gering bis zum Starkregen – rote bis blaue Flächen. Sehr oft ist es auch so, dass weitere Randzellen plötzlich auftauchen, wie rechts neben dem ockerfarbenen Kreis, welche Starkregen oder Hagel punktförmig auf engsten Raum in dieser Region bringen. Dies kann innerhalb von 5 Minuten geschehen. Weitere 10 Minuten später löst sich diese Zelle wieder auf (2). Dieses Spiel kann sich in einer hochlabilen Luftmasse hunderte Mal an einem Tag vollziehen. Zellen entstehen irgendwo, laden ihre Energie ab mit einem Unwetter und lösen sich wenige Minuten später wieder auf.

Nicht selten entstehen parallel von Gewittern in Zugrichtung neue Gewitter, die linienförmig angeordnet sind (1b). Diese Gewitterlinie zieht als sog. Squall-line sehr rasch und schiebt meistens einen Böekragen vor sich her. Die Linie kann sich über hunderte von Kilometern in Nord-Südrichtung ausdehnen. Das Wetter, das sich an einer Gewitterlinie abspielt, ist Starkregen, und vor allem Sturm- und nicht selten Orkanböen, verursacht durch starke Fallwinde (Down Bursts). Die violetten Flächen sollen extremen Regen, wie beispielsweise 40 Liter auf den Quadratmeter in einer Stunde, darstellen.

Durch eine derartige Dynamik von Gewitterzellen, ist es leicht nachzuvollziehen, dass eine Vorhersage für einen Landkreis oder Ort beinahe unmöglich erscheint. Warnungen können deshalb nur in der Kürzestfrist-Vorhersage dem sogenannten Nowcasting Verfahren ausgegeben werden.

 

 

Abb.: 8 Quelle- Grafik: https://kachelmannwetter.com/de/stormtracking

 

Eine sehr gute Möglichkeit ziehende Gewitter zeitlich einzugrenzen, sind vorausberechnete Zeitschritte, wie hier im Stormtracking von kachelmannwetter.com. Der Vorteil liegt darin, dass nicht nur die Zeitschritte berechnet werden, sondern auch die Zugrichtung eines Gewitters berücksichtigt wird.  

Punktuelle, auf engsten Raum begrenzte Schauer oder Gewitter, führen in der Regel zu den meisten Überflutungen. Diese Single-Zellen können innerhalb von wenigen Minuten über einem Ort entstehen und ihre Wassermassen auch dort gleich entladen. Beste Voraussetzungen dafür liefert der sogenannte Barometrische Sumpf. Bedeutet: Geringe Luftdruckgegensätze, dadurch auch eine geringe Luftbewegung und somit Stillstand bei den Gewitterzellen.