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Montag, 7. Februar 2022

Gewitter in der kalten Jahreszeit – Eine Analyse

Gewitter haben in der Nacht von Sonntag auf Montag 7.2. mit Graupel und Eiskörnern für winterliche Verhältnisse gesorgt. Straßen waren durch die Graupelkörner gefährlich glatt geworden. Dabei gab es drei markante Blitzeinschläge in Esslingen und Altbach gegen 4:50 Uhr (Bild unten)

Bildquelle: lightningmaps.org

Gewitter über das Winterhalbjahr sind nichts Ungewöhnliches. Wie im Sommer ist die Voraussetzung immer eine feuchtlabile Luftschichtung. Die Kaltfront vom Typ Kata (schnell ziehende Kaltfront mit markantem Wetter)  - im Gegensatz dazu die Ana Kaltfront (langsam ziehend – oft rückläufig – Charakter einer Warmfront) ist in der Nacht über die Region mit stärkerem Regen, in den Höhenlagen ab 400 Meter sogar mit Schnee und Schneeregen über die Region gezogen. In Esslingen sind dabei bis über 20 Liter pro Quadratmeter innerhalb von nur sechs Stunden zusammengekommen. Zum Teil wurden Straßen überflutet. In Pforzheim ist gegen  22:10 Uhr mit 19,3 Millimeter die höchste Niederschlagsrate in einer Stunde gemessen worden. In Esslingen waren es 14,4 Liter auf den Quadratmeter. Die Passage der Kaltfront war zudem begleitet von starken Böen: Am Flughafen Stuttgart von knapp 70 km/h. Mit Annäherung der Höhenkaltluft von Minus 32 Grad in 4500 Meter Höhe, in Verbindung mit einer enormen vertikalen Windscherung (SRH: storm relative helicity) von 270 m²/s², reichte  für die Bildung hochreichender Konvektion aus. In der eingeflossenen polaren Kaltluft sind labile Umschichtungen,welche die Quellwolkenbildung begünstigt nicht selten. Kommt noch Höhenkaltluft, also ein Trog ins Spiel, können sich recht schnell Gewitter entwickeln . Je kälter die Luft in 5000 Meter, umso wahrscheinlicher sind hochreichende Quellwolken mit Gewitterpotenzial auch im Winter.  So gab es nach der Kaltfrontpassage eine überadiabatische Temperaturabnahme von -5 Kelvin pro 1000 Meter. Bei feuchtadiabiatischen Verhältnissen sind es unter Standardbedingungen 0,65 K pro 100 Meter bzw. 3,5 K pro 1000 Meter. Hier ist  die stärkere Temperaturabnahme von 1,5 Grad (K) ausreichend, um Labilität zu erzeugen. Die nur geringe Labilitätsenergie CAPE (Convective Available Potential Energy) von nur 20 J/kg und einer damit verbundenen Vertikalgeschwindigkeit  von 6.3 m/s hat den kondensierten Wasserdampf in Form von Cumulonimbus Wolken bis in die Höhen von 5000 Metern gebracht .

In der kalten Jahreszeit ist es deshalb auch so, dass anders als im Sommer die Quellwolken (Cumulonimbus-capillatus-incus ) eine wesentlich tiefere Obergrenze haben. Entscheidend dabei ist nicht zwangsweise die vertikale Erstreckung derartiger Quellwolken bis zur Tropopause, sondern die Temperaturdifferenz zwischen dem Boden und deren Tops. Im Sommer erreichen die Quellwolken eine Höhe von 10 bis 12 km und stoßen damit an den Oberrand der Troposphäre, an der Tropopause an. Hier finden sich Temperaturen zwischen -55 und – 70°C. Durch den Eisschirm erhält die Gewitterwolke dadurch ihr ambossförmiges Aussehen. Im Winter reichen die Tops, also die Gleichgewichtshöhen bis in die mittlere Troposphäre. Diese Gewitter hatten die Obergrenze bei knapp 5000 Metern und Minus 32 Grad. Die Gewitter sind mit knapp 70 km/h von Nordwest nach Südost über Baden-Württemberg gezogen. 

 

Einsickern der Höhenkaltluft (Trog)  in 5,5 km Höhe, welche die Gewitter ausgelöst hat. 

 

 

Kaltfrontdurchgang am Luftdruckverlauf deutlich erkennbar. 

 

Vertikalprofil der Radiosonde von 00 UTC Stuttgart Schnarrenberg